Sehr geehrte Frau Nießen,
zur o.g. Sitzung des Verkehrsausschusses bitten wir um Aufnahme des Tagesordnungspunktes:
Straßenbenennung in Bümmerstede: „Up de Wührden“
Wir beziehen uns auf das anliegende Schreiben vom 28.06.2014 von Herrn Martin Teller für seinen Straßennamensvorschlag „Up de Wührden“ für die anstehende Benennung der Erschließungsstraße im neuen Baugebiet in Bümmerstede und bringen folgenden Beschlussvorschlag ein:
Die Erschließungsstraße nördlich des Rebhuhnweges soll den Namen: „Up de Wührden“ erhalten.
Begründung siehe Anlage.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Ursula Burdiek
Ratsfrau
Mitglied der SPD-Fraktion
Sehr geehrte Frau Burdiek,
im Zuge der Bebauung zweier Ackerflächen an der Sandkruger Straße östlich des alten Dorfkerns Bümmerstede wird derzeit eine neue Straße angelegt. Aufgrund meiner ortsgeschichtlichen Kenntnisse ist mir aufgefallen, dass die Neubebauung große Teile des Flurstücks Up de Wührden erfassen wird. Seine genaue Ausdehnung habe ich als orangefarbenen Umriss in die städtische Planskizze eingetragen.
Da die Straße sicherlich einen eigenen Namen bekommen soll, wäre es nur allzu passend, wenn dieser einen sinnvollen Bezug zur Bümmersteder Dorfgeschichte hätte. Bestens geeignet ist der erwähnte plattdeutsche Flurname Up de Wührden (hochdeutsch: Auf den Wurten = Hof- und Hausplätze, auch Gärten oder Feldstücke). Aus folgenden Gründen schlage ich vor, diese Bezeichnung als Straßennamen zu verwenden:
1. Die Straße liegt in unmittelbarer Nähe des Dorfes Bümmerstede. Der vorgeschlagene Name ist ein Begriff aus der örtlichen Geschichte und fügt sich harmonisch in die bäuerliche Siedlungslandschaft des benachbarten Dorfkerns ein.
2. Es handelt sich um einen originalen Flurnamen, der alteingesessenen Familien noch bekannt ist, also um Kulturgut. Die Stadt Oldenburg hat sich mit ihrem verwaltungsinternen Ablaufverfahren zu Straßenbenennungen vom 16.10.1998 zum Ziel gesetzt, „vorrangig […] Flurnamen oder andere, von Vergessen bedrohte Geländebezeichnungen oder Ereignisse und Personen der Ortsgeschichte“ durch Nennung in Straßennamen zu bewahren.
3. Die hier jahrhundertelang vorherrschende, im Alltagsleben stark zurückgegangene aber immer noch gesprochene plattdeutsche Mundart wird sichtbar und dauerhaft gefördert. Die Stadt unterstützt damit die Universität, die sich mittels eines entsprechenden Studiengangs für den Erhalt des Plattdeutschen einsetzt.
4. Der Straßenname ist trotz seiner drei Bestandteile nicht lang. Er enthält nur vier kurze Silben (zum Vergleich: Sandkruger Straße hat fünf, Bümmersteder Tredde sechs), ist auch für „Nicht-Plattdeutsche“ leicht auszusprechen, und ist im Gegensatz zu manchen jüngeren Personenstraßennamen nicht schwer zu schreiben.
Ich bitte auch um freundliche Beachtung meines Artikels in der jüngsten Bürgerzeitung zur Begründung des Namensvorschlags, den ich diesem Schreiben angehängt habe.
Außer mir würden es auch etliche Bürger begrüßen, wenn die zuständigen Ratsausschüsse (Verkehr, Kultur) den Vorschlag unterstützten und sich für diesen Straßennamen aussprächen.
Mit freundlichem Gruß
M. Teller
Ein passender Straßenname für Bümmerstede
Straßen mit Namen, die Bezug zur umgebenden Landschaft oder zur örtlichen Geschichte haben, werden eher als organischer Bestandteil ihrer Umgebung und weniger als Fremdkörper wahrgenommen. Wenn ich als Historiker und Geograph Namen für neue Straßen vorschlage, achte ich stets auf solche passenden Bezüge. So auch bei der im Bau befindlichen Straße nördlich des Rebhuhnweges direkt östlich vom Bümmersteder Dorfkern, die größtenteils auf dem alten Flurstück Up de Wührden (hochdeutsch: Auf den Wurten) liegt, wie älteren Eingesessenen noch bekannt ist. Dieser Flurname sollte sinnvoller- weise auch der Name der neuen Straße sein, gerade weil die Stadt Oldenburg originale Flurnamen oder andere Aspekte der Lokalgeschichte durch Nennung in Straßennamen vor dem Vergessen bewahren will. Seine plattdeutsche Form passt gut zu der hier jahrhundertelang vorherrschenden und immer noch gesprochenen Mundart. Der Straßenname ist trotz seiner drei Bestandteile nicht lang, enthält nur vier kurze Silben (zum Vergleich: Sandkruger Straße hat fünf, Bümmersteder Tredde sechs), ist auch für Nicht-Mundartler leicht auszusprechen und ist im Gegensatz zu manchem jüngeren Personen-Straßennamen nicht schwer zu schreiben. Falls ihn jemand mit dem Moralbegriff Würde verwechselte, wäre das nicht schlimm, denn wer wohnte nicht gerne in einer „würdevollen“ Straße?
Bei den Wurten des Flurnamens handelt es sich nicht zwangsläufig um vorgeschichtliche Hausplätze. Die im Mai 2013 auf meine Empfehlung in beiden zur Bebauung anstehenden Ackerflächen gezogenen archäologischen Suchgräben enthielten so gut wie keine Befunde. Allerdings konnte
mehr als die Hälfte der Flur nicht untersucht werden, da sie zum Teil seit Langem mit Häusern bebaut oder mit Wald bestanden ist. Es ist auch eine zweite Deutung des mittelniederdeutschen Wortes möglich: Mit Wurten könnten hier nachweislich vorhanden gewesene Bauerngärten oder Feldstücke
gemeint sein. Ob Hausplatz oder Kulturland, beides fügt sich harmonisch in die bäuerliche Siedlungslandschaft des Dorfes Bümmerstede ein.
Die Häuser an der Straße werden von demselben Bauträger errichtet, der bereits die auf meinen Vorschlag mit Flurnamen benannten Straßen Auf der Düne und Am Meere bebaut hat, die ganz in der Nähe liegen und sich ebenfalls auf die Landschaftsgeschichte Bümmerstedes beziehen. Der
Bauträger konnte feststellen, dass die Berücksichtigung von Kulturbelangen keinesfalls wirtschaftlichen Erfolg verhindert – ganz im Gegenteil. Bewohner der genannten Straßen versicherten mir, heilfroh zu sein, keine 0/8/15-Bezeichnung bzw. keinen überlangen Personen-Straßennamen vorgesetzt
bekommen zu haben. Erschienen in der Oldenburger Monatszeitung der Bürgervereine in Oldenburg, Juni 2014, 7. Jg. Nr. 6, S. 13.